Die BRD als „DDR 2.0“: Delegitimierung der Demokratie und Aufrufe zum Umsturz

Wie die Weimarer Republik wird die Zeit der Deutschen Demokratischen Republik von Rechtsextremen genutzt, um direkte Vergleiche zur aktuellen gesellschaftspolitischen Lage zu ziehen. Dabei geht es allerdings darum, die Bundesrepublik Deutschland, ihr demokratische System oder politische Gegner zu delegitimieren. Das Bild, das von der DDR gezeichnet und instrumentalisiert wird, ist das eines (Unrechts-)Staates mit totalitärer Kontrolle, Ideologisierung und Überwachung der Bevölkerung. So wird das rechtliche Vorgehen gegen strafbaren Hass und Hetze im Netz als Zensurmaßnahme betrachtet, welche Eingriffe in die Meinungsfreiheit zu DDR-Zeiten noch übertreffe. Personen, welche sich für ein entschiedeneres Vorgehen stark machen, werden mit Mitarbeiter:innen des „Staatssicherheitsdienstes“ (Stasi), der Geheimpolizei der DDR, verglichen und in entsprechenden Posts, Memes und Aktionsvideos diffamiert.
Insbesondere in verschwörungsideologischen Milieus sind vermeintlich enthüllende Berichte populär, die andersdenkenden politischen Entscheidungsträger:innen eine Vergangenheit als Stasi-Mitarbeiter:innen unterstellen. Während ihrer Amtszeit war vor allem Angela Merkel hiervon betroffen. So wurde behauptet, sie habe als „IM Erika“ im Dienst der Stasi und somit des DDR-Regimes gestanden und würde nun als Bundeskanzlerin den Plan verfolgen, die Bundesrepublik zu einer sozialistischen Diktatur umzubauen. Nach seiner Wahl zum Bundeskanzler 2021 wurde eine entsprechende Biografie auch Olaf Scholz angedichtet.
Die Parallelisierung der Bundesrepublik mit der DDR hat vor allem in der Corona-Pandemie an Popularität gewonnen. Die angebliche „Corona-Diktatur“, die eben auch die Unterdrückung Andersdenkender und ihrer Meinungsäußerungen beinhalte, wachse sich zu einer „DDR 2.0“ aus. Entsprechend notwendig sei es, hiergegen aufzustehen und Widerstand zu leisten.
So ist es nicht zufällig, dass vor allem der Montag als regelmäßiger Termin für die als „Spaziergänge“ getarnten Demonstrationen genutzt wurden und teils noch werden. Bereits die rassistische und muslimfeindliche PEGIDA-Bewegung (“Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes”) versuchte so den historischen Anschluss an die Montagsdemonstrationen als einen Bestandteil der sog. „Friedlichen Revolution“ in der DDR 1989. Das beinhaltete auch die Indienstnahme der Parole „Wir sind das Volk“. Auf diese Weise konstruieren Rechtsextreme eine historische Beständigkeit des Widerstands in der DDR und zeichnen so gleichsam die vereinte Bundesrepublik als eine Kontinuität der Unterdrückung. Insofern das Aufbegehren der Bürger:innen am Ende der 1980er Jahre den Systemsturz und das Ende der DDR zur Folge hatte, ist mit diesen Verweisen und Vergleichen auch ein implizites Siegesversprechen der eigenen rechtsextremen und demokratiefeindlichen Bestrebungen verbunden.